Historisches Eiderstedt Deichbau

Deichlinien von Chr. Geburt bis heute



Die rechtliche Organisation des Deichwesens
"Deus mare, Friso litora fecit"
(Gott schuf das Meer, der Friese schuf die Küste)
Dies ist ein stolzer Spruch, der auf die gewaltige Arbeit der Bewohner der Küste weist, die durch die Deiche einen Schutzwall gegen das Meer errichtet haben.

Frühester Deichbau

Bild aus dem Sachsenspiegel. (Heidelberger Ausgabe)

Ganz Nordfriesland zählt 171 Köge mit einer Deichlänge von ca. 800 km. Eiderstedt besteht aus mehr als 70 Kögen , die im Laufe der letzten 1000 Jahre gewonnen wurden. Durch diese Köge ist Eiderstedt zusammengewachsen und 1489 durch den Bau des Dammkooges eine Halbinsel geworden.
Der erste Hinweis auf eine Bedeichung - Eiderstedt wird auch das Spatenland genannt - datiert von 1103, so dass man von einer anfänglichen Bedeichung im 12. Jahrhundert ausgehen kann. Die genauen Daten der Köge sind aber erst im 15. Jahrhundert sicherer. Der Johanniskoog bei Poppenbüll gilt als der älteste Koog in Eiderstedt.
1426 wird in der Siebenhardenbeliebung von der Notwendigkeit eines Deichfriedens geredet - ein Hinweis auf systematischen Deichbau; 1437 gab es einen großen Streit in Osterhever anläßlich des Deichbaus. Um diese Zeit ist der Deichbau in vollem Gange, besonders weil bei der großen Sturmflut, der Manndränke von 1362, viel Land verloren gegangen war, das nun wieder zurückgewonnen werden mußte.
1466 einigten sich die Eiderstedter, dass "Jeder bei seinem Deich bleiben sollte"; d.h. jedes Kirchspiel kümmerte sich um seine Deiche und sein Vorland, das er eindeichen wollte.
Die erste Deichordnung für die Landschaft Eiderstedt stammt als Spadelandsrecht von 1557 und wird 1582 neu gefaßt, auch wenn es schon neue Ansätze im Eiderstedter Landrecht von 1572 gab und weitere Verbesserungen 1591 und in den Stadtrechten von Garding und Tönning 1590. Ureigenstes Prinzip war, dass jeder Landbesitzer entsprechend seines Landbesitzes zum Deichbau verpflichtet war: demat dematgleich. Wenn er es nicht konnte, musste er sein Land verlassen.

De nich will dieken, mutt wieken

war der Wahlspruch. Nach seinem Besitz wurde ihm eine Deichstrecke zugewiesen, die er zu schützen hatte. Dies war das Prinzip der Kabeldeichung. War er dazu nicht in der Lange, dann steckte er seinen Spaten in den Deich und verlor all seinen festen Besitz, mußte sich als Arbeiter verdingen oder sein Land verlassen. Sein Nachfolger, der den Spaten herauszog, übernahm seinen Besitz und die Deichverpflichtungen seines Vorgängers. Dieses Schicksal erlitten viele Nordstrander nach der 2. Großen Manndränke 1634, als sie Hof, Tiere und oft noch die Familie verloren hatten. Damals übernahmen finanzkräftige Holländer den Besitz.

Eigenverantwortung wird Staatsaufgabe
In diesen Jahren hatte sich aber schon die Kommuniondeichung durchgesetzt (1611 und 1614). Der Herzog von Gottorf hatte einen Deichgrafen eingesetzt, der den gesamten Deichbau organisierte und leitete. Für Eiderstedt wurde 1625 Matthias Typotius der erste verantwortlich Deichgraf. Bekannter ist aber Johann Clausen Koth, auch Rollwagen genannt, da er die Schiebkarre = Rollwagen als erster beim Deichbau einsetzte. Eine kapitalistische Wirtschaftsform setzte ein: die Deicharbeiten wurden durch Fremdarbeiter erledigt und von den Landbesitzern mit Geld abgegolten. Dies stieß auf großen Widerstand, da die Bauern lieber Gespanne und Knechte für den Deichbau stellten als fremde Arbeiter zu bezahlen. Ein neuer Weg der Landgewinnung waren die Oktroyierten Köge. Das Vorland wurde von einem reichen Finanzier auf eigene Kosten eingedeicht. Er konnte den neuen Koog 15 Jahre ohne steuerliche Belastungen nutzen und meist war dieses Recht (= auctoritas è octroi) noch mit Privilegien (eigene Verwaltung und Gerichtsbarkeit) versehen. Eiderstedt hat vier solcher Oktroyierten Köge (Grothusenkoog, Alt-, und Neu-Augustenkoog, Norderfriedrichskoog), die zwischen 1693 und 1696 entstanden sind.


1803 mußte die Deichordnung neu gefaßt werden und es entstanden unter Christian VII das Allgemeine Deichreglement und das Reglement des III. Deichbandes, das für Eiderstedt Gültigkeit hatte. Wesentlich neu war die stärkere Einbindung der zurückliegenden Köge für die Erhaltung der Seedeiche, die zuvor fast allein von den Außenkögen unterhalten worden waren.
1867 - Schleswig-Holstein war Preußische Provinz geworden - wuchs der staatliche Einfluß weiter und das Domänenrent- und Bauamt wurde zuständig für den Deichschutz; seit 1936 das Marschenbauamt und seit 1973 das Amt für Land und Wasserwirtschaft.
1939/41 wurden die alten Deichbände aufgelöst und durch die Deich- und Hauptsielverbände ersetzt. Dadurch wurde der staatliche Einfluß auf das Deichwesen verstärkt. Am 1. Januar 1971 übernahm das Land Schleswig-Holstein die Seedeiche, der Schutz vor dem Meer wurde damit eine nationale Aufgabe, die alle Steuerzahler belastete.
Seit 1954 wird keine Landgewinnung mehr betrieben; das Wattenmeer erhielt 1985 als Nationalpark den höchstmöglichen Schutzstatus. Die Aufgaben des Deich- und Hauptsielverbandes (seit 16.9. 1941) mit 18 Sielverbänden sind folgende: Unterhaltung der Eiderdeiche (24,9 km), der Mitteldeiche (84,4km) und Mitteldeichsiele (30 Stück), der Außentiefs an der Eider (4 Stück), der Schöpfwerke (11 Stück), der Deichstöpen (22 Stück) und Speicherbecken (2 Stück); Pflege des 230 ha großen Wald und Dünengeländes in St. Peter-Ording.

Landschaftstypische Anlagen in Eiderstedt
Entwässerung binnendeichs
Schleusen, Pumpen, Speicherbecken

Deichsicherung außendeichs ist eine Aufgabe des Staates geworden.