Eiderstedt-Informationen

Eiderstedt, eine Kulturlandschaft im Nordseewind.

Das heutige Eiderstedt ist geprägt vom Tourismus. Im Vordergrund steht das Vergnügen auf der Sandbank vor St. Peter-Ording, doch immer mehr wird der kulturelle Reichtum dieser Halbinsel entdeckt. Eine spannende Geschichte offenbart sich. Für den Interessierten ist es nicht notwendig, in europäische Hochburgen der Kultur zu reisen, denn Eiderstedt liegt direkt vor Ihrer Haustür..

Eiderstedt = die Dreilande - oder aller guten Dinge sind drei
Unsere Halbinsel Eiderstedt hatte in ihrer Vergangenheit viele Namen: sie war Kreis, Landschaft und die Dreilande,

a) Aus Sicht der geographischen Lage waren es mindestens drei Inseln: Eiderstedt (Gestade an der Eider), Everschop (am Heverstrom) und Utholm (Außeninsel). Auch die Insel Hafrae (mit Westerhever) kann man hinzurechnen. Sie wuchsen zusammen und wurden 1489 die Halbinsel Eiderstedt, die von drei Seiten vom Wasser umgeben ist: im Norden von der Hever, im Westen von der Nordsee und im Süden von der Eider.
Die Besiedlung erfolgte in drei Siedlungsphasen:
a) auf Nehrungen und Warften
b) hinter flachen Ringdeichen und auf Warften und
c)hinter sicheren Deichen.

b) Die ursprüngliche Bevölkerung dieser Landschaft wanderte mit Sicherheit zwischen 400 und 500 n. Chr. aus. Später folgten in regelmäßigen Abständen von 400 Jahren drei Einwanderungswellen aus dem Gebiet von Westfriesland und den Niederlanden. Von der ersten Welle wissen wir nicht viel. Die zweite Einwanderungswelle im 12. Jahrhundert brachte das Christentum nach Eiderstedt und in der Folge den Bau von 18 Kirchen; gleichzeitig wurde das Land zu ersten Mal durch einen Ringdeich bedeicht, so dass weitere sichere Plätze entstanden. Diese Einwanderer sprachen noch friesisch. Die dritte Welle veränderte durch das technische Know how, den Deichbau, Hafen- und Kanalbau grundlegend und beeinflusste die Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur so stark, dass dass man Eiderstedt auch Klein Holland nennen konnte. Fremdarbeiter sprachen plattdeutsch und die plattdeutsche Sprache setzte sich durch.

c) Die ersten Einwanderer sprachen friesisch und auch die zweite Welle war friesisch-sprechende Bevölkerung. Doch als im 16. Jh. die Niederländer als Techniker, Kaufleute, Ingenieure und Deicharbeiter auf die Halbinsel kamen, verdrängten sie die friesische Sprache. Sie wird heute noch gesprochen, als offizielle Amts- und Schulsprache gilt schon über 100 Jahre das Hochdeutsche. Drei Sprachen wurden auf der Halbinsel gesprochen. So finden wir auch auf diesem Gebiet die Dreizahl.

d) Aus der Sicht der Verwaltung bestand die Halbinsel aus drei Harden, d. h aus drei Verwaltungs-einheiten, die jeweils mit einem Schiff symbolisiert wurden. Die Dreihardeneinteilung stammt von einer Urkunde aus dem Jahre 1187, in der Papst Innozenz III die Inseln als "tres navigiis iuxta Eidorem" (drei Schiffe bei der Eider) bezeichnet. Aus diesem Hinweis entstand das Eiderstedter Wappen mit den drei Schiffen und den drei Symbolen in den Rümpfen bzw. Segeln der Schiffe: Löwe, Karausche, Ochsenkopf. Die drei Harden sind die Verwaltungsbezirke Utholm (Löwe), Everschop (Karausche) und Eiderstedt (Ochsenkopf).

e) Das erste Recht der Landschaft war das Faustrecht mit Blutrache und Fehde, aber schon 1426 gaben sich die Dreilande ein eigenes Recht „Die Krone der rechten Wahrheit“, das Dreihardenrecht. Um die Rechtssprechung zu erleichtern gab es in der Nähe der drei Hauptkirchen (Tönning, Garding, Tating) drei Asylberge, wo Totschlägern ein geschützter Raum gewährt wurde. Das eigene Recht wurde 1591 das Eiderstedter Landrecht und ging erst 1900 in dem Bürgerlichen Gesetzbuch auf.

f) Die Eiderstedter Selbstverwaltung basiert staatsrechtlich auf der Dreiteilung der Gewalten in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung.

g) Weiterhin lassen sich in der Wirtschaftsgeschichte Eiderstedts drei Wirtschaftsformen nachweisen. So dominierte im 16. Jh. auf den Haubargen die Milch-und Käseerzeugung, im 17. Jh. herrschte der Ackerbau vor und im 19. Jh. der Export des Shorthorn-Viehs nach England.

h) Man könnte die Dreizahl weiter heranziehen, denn drei Wasserprobleme beherrschten das Land:
a) der Schutz gegen das Meer durch den Deichbau,
b) die Organisation der Entwässerung durch den Deich-und Hauptsielverbandes und
c) die Versorgung mit Süß- und Trinkwasser,
das erst von 5o Jahren zufriedenstellend geregelt werden konnte, nachdem man zuvor sein Wasser aus den Kuhlen, Fethingen oder Tauteichen holen musste.

Ich glaube es wäre leicht, die Dreiteilung noch weiter zu treiben: Zuletzt hätten wir beinahe drei Städte gehabt, denn nach Tönning und Garding sollte auch Oldenswort eine Stadt werden und Marktrecht erhalten.
Dennoch kann man die Dreilteilung als eine Eselbrücke nutzen, um die Kulturgeschichte einer Landschaft in den Griff zu bekommen.

Wenn das Sprichwort sagt: aller guten Dinge sind drei, dann kehren wir es um und sagen: wir haben von vielem drei, also leben wir in einer guten Landschaft.

Die Landschaft Eiderstedt